BKW im Mehrfamilienhaus: Rechte, Pflichten & Zustimmung des Vermieter / WEG

Kurz & knapp

  • Ja, in den meisten Fällen brauchst du die Zustimmung der Eigentümergemeinschaft (WEG), wenn das Steckersolargerät ans Gemeinschaftseigentum (Fassade, Balkonbrüstung) montiert wird.
  • Mieter:innen benötigen zusätzlich die Genehmigung der Vermieter:innen. Die Zustimmung darf nur aus triftigen Gründen verweigert werden (z. B. statische Bedenken, Denkmalschutz, erhebliche optische Beeinträchtigung).
  • Pflichten: Anmeldung beim Netzbetreiber (vereinfachtes Verfahren), Eintrag ins Marktstammdatenregister, Verwendung konformer Technik (u. a. VDE-AR-N 4105), sichere Montage.
  • Tipp: Hole dir frühzeitig Mehrheiten und dokumentiere alles sauber (Beschluss, Haftungsfragen, Wartung).

Warum das Thema komplizierter ist als im Einfamilienhaus

Balkonkraftwerke gelten als bauliche Veränderung, sobald sie am Gemeinschaftseigentum befestigt oder die äußere Gestaltung des Hauses sichtbar verändern. In Mehrfamilienhäusern treffen daher individuelle Energieautonomie und kollektive Eigentümerinteressen aufeinander. Das führt zu rechtlichen Abstimmungsprozessen – vor allem innerhalb der WEG oder zwischen Mieter und Vermieter.

Rechtlicher Rahmen – die wichtigsten Grundlagen

1. Wohnungseigentumsgesetz (WEG)

  • Gemeinschaftseigentum (Fassade, Balkonbrüstung, Außenwände) darf nur mit Beschluss verändert werden. Ein Steckersolar-Gerät wird häufig daran befestigt – damit ist die WEG im Boot.
  • Mehrheitsbeschluss nötig: Oft reicht ein einfacher Mehrheitsbeschluss, wenn die optische Veränderung gering ist und keine anderen Eigentümer:innen unzumutbar beeinträchtigt werden. Bei strittigen Fällen oder größeren Eingriffen kann eine qualifizierte Mehrheit (z. B. 2/3) oder sogar Einstimmigkeit verlangt werden.
  • Privilegierte Maßnahmen? Einige Modernisierungen (z. B. E-Ladestationen) sind privilegiert, PV-Anlagen auf Balkonen sind es (Stand heute) nicht eindeutig. Prüfe, ob eure Gemeinschaftsordnung hierzu Sonderregelungen enthält.

2. Mietrecht

  • Genehmigungspflicht: Mieter:innen brauchen die Zustimmung der Vermieter.
  • Vermieter dürfen nicht pauschal ablehnen, aber sachliche Gründe (Denkmalschutz, Gebäudeschäden, Sicherheitsrisiken) können eine Verweigerung rechtfertigen.
  • Innen liegende Aufstellungsorte (z. B. innerhalb der Balkonbrüstung ohne feste Durchdringung) sind oft leichter zu genehmigen als eine Außenmontage an der Fassade.

3. Technische Vorgaben & Normen

  • Elektrischer Anschluss: Nach aktueller Norm wird der Anschluss über eine geeignete Energiesteckvorrichtung(z. B. Wieland-Steckdose) empfohlen. Viele Netzbetreiber akzeptieren mittlerweile auch Schuko-Stecker, sofern ein integrierter NA-Schutz (Netz- und Anlagenschutz) vorhanden ist. Prüfe die Vorgaben deines Netzbetreibers.
  • Leistungsgrenzen: In Deutschland sind aktuell bis 800 W Wechselrichterleistung (AC) üblich (bzw. technisch zulässig). Modulseitig kannst du mehr Peak-Leistung verbauen, solange der Wechselrichter begrenzt.
  • Sicherheit & Haftung: Montage muss sturmsicher sein (Windlast!), Kabel müssen UV-beständig verlegt werden. Du als Betreiber:in bist verantwortlich.

4. Meldepflichten

  • Netzbetreiber: Vereinfachtes Meldeverfahren – oft online möglich (Formular oder Portal).
  • Marktstammdatenregister: Eintrag innerhalb eines Monats nach Inbetriebnahme erforderlich.
  • Förderungen & Steuer: Ggf. regionale Förderungen checken. Seit 2023/24 gilt für viele PV-Komponenten die Umsatzsteuerbefreiung (0 % MwSt.), wenn die Voraussetzungen erfüllt sind.

Hinweis: Rechtslage und Normen ändern sich. Prüfe aktuelle Gesetzesänderungen (Stichwort „Solarpaket“, VDE-Anpassungen) und die Vorgaben deines Netzbetreibers.

Zustimmung in der Praxis: So gehst du vor

Schritt 1: Projekt definieren

  • Wo soll das Gerät hängen/stehen? (Innen am Geländer, außen an der Fassade, auf dem Balkonboden)
  • Welche Leistung/Module/Wechselrichter?
  • Wie sieht das optisch aus (Fotos/Visualisierung)?

Schritt 2: Technische Unterlagen sammeln

  • Datenblatt der Module & des Wechselrichters
  • Nachweis NA-Schutz / Konformität (z. B. VDE-AR-N 4105)
  • Montageskizze (Befestigungspunkte, Windlastabschätzung)

Schritt 3: Antrag an die Eigentümergemeinschaft

  • Formuliere einen konkreten Beschlussantrag (siehe Muster unten)
  • Begründe, warum andere nicht unzumutbar beeinträchtigt werden (optisch dezent, rückstandslos demontierbar)
  • Biete an, Haftung bei Schäden zu übernehmen und Rückbau bei Verkauf zu garantieren.

Schritt 4: Beschlussfassung & Protokollierung

  • Lass den Punkt in die Tagesordnung aufnehmen
  • Beschluss schriftlich festhalten und ins Protokoll aufnehmen

Schritt 5: Umsetzung & Meldungen

  • Nach Genehmigung: Bestellung, Montage, Anmeldung MaStR
  • Dokumente abheften – wichtig bei späterem Verkauf der Wohnung

Muster schreiben an den Vermieter

(Anpassen an eure Hausordnung & rechtliche Situation; ggf. juristisch prüfen lassen.)

Häufige Einwände – und wie du ihnen begegnest

EinwandArgument der GemeinschaftDein möglicher Gegenpunkt
„Das verschandelt die Fassade.“Optische EinheitlichkeitNachhaltigkeits-Image des Hauses, dezente Farben, Modulrahmen in Hausfarbe, rückbaufähig, Recht auf gebrauchstaugliche Mietsache, Beitrag zum Klimaschutz
„Gefahr bei Sturm/Brand.“SicherheitsrisikoFachgerechte Montage, Windlastberechnung, Netz‑ und Anlagenschutz, Versicherung
„Mehr Aufwand/Messung“Verwaltung will keinen MehraufwandKeine Einspeisevergütung, einfache Anmeldung, keine Abrechnung über Gemeinschaft
„Was ist mit Haftung?“Sorge um Schäden und KostenSchriftliche Haftungsübernahme, Versicherung.

Pflichten & To-do-Liste für Betreiber

Vor der Inbetriebnahme:

  • ✅ Zustimmung WEG/Vermieter:in einholen
  • ✅ Technik auswählen (kompatibel, normkonform)
  • ✅ Montagekonzept und Befestigung klären

Nach der Entscheidung/Beschluss:

  • ✅ Marktstammdatenregister-Eintrag vornehmen
  • ✅ Montage durchführen (ideal: Fachbetrieb oder ausführliche Anleitung)
  • ✅ Funktionsprüfung & Dokumentation

Während des Betriebs:

  • ✅ Anlage regelmäßig prüfen (Sitz der Befestigung, Leitungen)
  • ✅ Änderungen (Umzug, Verkauf) rechtzeitig melden

FAQ

Brauche ich immer eine Erlaubnis?
Wenn Gemeinschaftseigentum betroffen ist: ja, WEG-Beschluss. Als Mieter:in immer Vermieterzustimmung.

Was tun bei Ablehnung?
Ablehnung schriftlich prüfen, evtl. neuen Antrag mit Kompromiss (Innenmontage) stellen; notfalls rechtliche Klärung.

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